Die Zukunft ist teuer: In vielen Unternehmen verschlingt die digitale Transformation erhebliche Summen. Gleichzeitig besteht großer Handlungsdruck, denn zu langes Zögern oder Fehlentscheidungen können im schlimmsten Fall zur Existenzbedrohung werden. Im ersten Teil seines zweiteiligen Beitrags fordert unser Gastautor Michael Schneider die Abkehr vom Gießkannenprinzip zugunsten von strategisch klugem, zielgerichtetem Investieren.
Vier von fünf Industrieunternehmen in Deutschland haben ambitionierte Pläne: Bis zum Jahr 2020 wollen sie ihre komplette Wertschöpfungskette digitalisieren. Sie versprechen sich davon eine Menge: effizientere Abläufe, hohe Kosteneinsparungen, optimierte Steuerung, höhere Flexibilität und eine bessere Anpassung auf Kundenwünsche.
Investitionsprogramm gesucht
Auf dem Weg zur Industrie 4.0 sind hohe Investitionen notwendig. Die Entscheidungen, wofür genau investiert werden soll und in welcher Höhe, zählen zu den folgenschweren Weichenstellungen im Unternehmen. Sie sollten immer einer betriebswirtschaftlichen Maxime folgen. Ganz gleich, ob es sich um innovative Business-Analytics-Technologien handelt, um digital vernetzte Fertigungslinien oder um Investitionen in andere Segmente der Digitalisierung. Kurzschlussentscheidungen und Aktionismus oder die Verteilung von Budgets mit der Gießkanne sind hier ungeeignet. Was ist gesucht? Ein mittel- bis langfristiges Investitionsprogramm, das sich aus den strategischen Unternehmenszielen ableitet und die Chancen der Digitalisierung optimal ausschöpft. So kann jede Investition ihren maximalen Nutzen entfalten und die Zukunft des Unternehmens sichern.
Wenn der Einzelfall die Regel ist
Im Mittelstand müsste es eigentlich einen internen Wettbewerb um die Investitionsbudgets geben; nach fest definierten Kriterien. Doch der Regelfall sieht anders aus: Investitionsentscheidungen werden nicht umfassend genug, in Form von Businessplänen, bewertet und priorisiert. Ertrags- und Liquiditätseffekte werden nicht in der Mehrjahresplanung abgebildet.
Auch der „Return on Investment“ zur Beurteilung von Investitionen kann zu kurz greifen. Es bleiben oft Einzelfallentscheidungen, die die Abhängigkeiten oder Wechselwirkungen vernachlässigen und den strategischen Einfluss eines abgestimmten, schlüssigen Investitionsprogramms außer Acht lassen.
Familiäre Sparsamkeit als Bremse
Vor allem familiengeführte mittelständische Unternehmen investieren oft zu vorsichtig und werten das Thema Digitalisierung als „Modeerscheinung“ ab. Zwar gilt Sparsamkeit als Tugend.
Aber in übertriebener Form führt sie zu Investitionsstaus oder zu einem Verschlafen des Marktwandels. Zu spätes Reagieren kann fatale Folgen haben: Viele Unternehmen sind bereits ein Opfer des digitalen Darwinismus geworden.
Fragen stellen, Antworten geben, investieren
Wer in die digitale Transformation investieren will, sollte sich vorab einige wichtige Fragen beantworten:
- Wie hoch ist der digitale Reifegrad unseres Unternehmens?
- Welcher Investitionsbedarf leitet sich daraus ab?
- Welche Digitalisierungsprojekte passen zu unseren strategischen Zielen?
- Haben wir bei allen Investitionsvorhaben die Rendite mit einkalkuliert?
- Gibt es dafür konkrete Businesspläne?
- Konnten wir bereits die Auswirkungen der Investitionen auf Ertrag, Aufwand und Liquidität in unserer Mehrjahresplanung abbilden?
- Wie beeinflussen die geplanten Investitionen unsere Covenants in den nächsten Jahren?
Bleiben Fragen unbeantwortet oder bekommt man je nach Ansprechpartner unterschiedliche Antworten, sollte man das Verfahren rund um die Investitionsentscheidungen überdenken. Oft mangelt es schlicht an Daten, um die nötige Transparenz zu schaffen, oder es gibt viel zu viele unsortierte Daten aus allen möglichen Abteilungen, Bereichen und Standorten.
Kurzum: Investiert werden sollte erst dann, wenn folgende zentrale Frage beantwortet werden kann: „Durch welche Investitionsvorhaben und Digitalisierungsprojekte lassen sich unsere strategischen Ziele am besten realisieren?“.
Wie Sie das herausfinden, erfahren Sie in meinem nächsten Beitrag.